Das Bairische stellt für Zuagroaste ein möglicherweise großes Verständigungsproblem dar. Im Internetlexikon Wikipedia heißt es dazu unter anderem " ... die gesamte bairische Nominalflexion richtet sich am Substantiv aus, dessen grammatisches Geschlecht oder Genus die Deklination der Nominalphrase konstituiert..." - was der Durchschnittsbayer wohl mit einem "Wos sogst?" (Was meinen Sie damit?) quittieren dürfte. Der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Altötting e.V. ist sich des schwerwiegenden Problems bewusst. Eine Lösung ist der Konversationstreff Bairisch - zu Pandemiezeiten auch als Online-Konferenz ...

Der Artikel "Bairisch für Zuagroaste..." gewährt einen kleinen Einblick:

Bairisch für Zuagroaste - AWO bietet Dialekt-Sprachkurs für Migranten

Von Robert Attenhauser

AWO SprachkursDer AWO-Sprachkurs "Bairisch" im Mehrgenerationenhaus Altötting mit Natalia Laib (v.l.) von der AWO-Geschäftsstelle und Kursleiterin Erika Schindler. (Fotos: Robert Attenhauser)Altötting. Menschen von Preußen bis Persien, vom Nordkap bis an die Südspitze Afrikas – sie alle tun sich den bayerischen Dialekten schwer. Die Arbeiterwohlfahrt im Landkreis Altötting (AWO) bietet Migranten jeglicher Herkunft einen Bairisch-Konversationskurs an, mittwochs im AWO-Mehrgenerationenhaus Altötting – auch ein Beitrag zum 100-jährigen Bestehen des Freistaats Bayern, auch als Ergänzung zu den Deutsch-Sprachkursen für Migranten und Asylbewerber.  

Was sich nach einer spaßigen Idee anhört, hat durchaus ernsten Hintergrund. Migranten lernen zwar Deutsch und können sich nach einiger Zeit in dieser für sie ohnehin nicht einfachen Sprache unterhalten. Doch selbst perfekte Hochdeutsch-Kenntnisse helfen nicht bei Gesprächen mit bayerischen Muttersprachlern zwischen Bayerwald und Berchtesgaden, beispielsweise am Arbeitsplatz oder beim Einkauf. Geleitet wird der Bairisch-Kurs von Erika Schindler als einer Fachfrau fürs Bairische.

Der Klassiker „Oachkotzlschwoaf“ dient selbst heute so manchem Bayern als augenzwinkernd eingeforderter Gradmesser für eine Unterhaltung auf gleichem Sprachniveau. Doch Salahaldin, Svitlana, Imem und Haifa und ihre wissbegierigen Mitschüler im Bairisch-Konversationskurs starten mit einfacheren Sprachaufgaben – die Vermittlung bayerischer Kultur geht manchmal damit einher.

Natalia Laib, Leiterin der Geschäftsstelle des AWO-Kreisverbandes Altötting, kennt die Probleme der „Zuagroasten“ mit der Bairischen Sprache. Laib, selbst keine Bayerin, hat den Kurs ins Leben gerufen. Die AWO und ihr Lehrer-Team setzen bei der Vermittlung auf bayerische Muttersprachler und pragmatische Unterrichts-Methoden – bayerisches Liedgut und Whatsapp-Gruppe eingeschlossen.

Ob „schene Leit“ oder „ned hudln“ – neben der Bedeutung lernen die „Zuagroasten“ auch die Aussprache. Und eines wird beim Besuch der Gruppe deutlich: diese Aussprache ist weder für Ukrainer, Palästinenser noch Argentinier leicht. Das Wörtchen „hä“, jener wohl „international“ angewandte Ausdruck für Unverständnis, kommt ihnen gelegentlich über die Lippen.

Als Lehrmittel stehen im AWO-Mehrgenerationenhaus ein Langenscheidt-Konversationslexikon Bairisch-Deutsch und ein kleines Lehrheft zur Verfügung. Die Bairisch-Dozenten bringen neben Herzblut auch Liedtexte mit Strophen wie „I wünsch euch von Herzen, was‘ selber gern hätts: Vui Freud und koan Schmerzen, des wollts, wiar i schätz“ – durchaus eine knackige Aufgabe für die Bairisch-Gruppe.

AWO SprachkursHilfsmaterial - Sprachlexikon inklusive ...Die Kenntnis des Hochdeutschen ist eine Voraussetzung für die Kursteilnahme. Die Gründe für die Teilnahme sind unterschiedlich. So berichtet eine Kursteilnehmerin und Mutter, in München habe sie keine Probleme mit der deutschen Sprache gehabt. Nach dem Umzug in die Region Altötting habe sie aber bei einem Elternsprechtag gar nichts verstanden. Vermisst habe sie auch, und da ist sie in der Gruppe nicht allein, ein schnelles Entgegenkommen des Gegenübers bei Sprachschwierigkeiten. Das sei, so sagen einige Kursteilnehmer, in der Stadt eher der Fall als auf dem Land.

Eine Bairisch-Schülerin berichtete davon, ihrer Kollegin im vielleicht nicht perfekten Hochdeutsch eine Geschichte erzählt zu haben, die Kollegin habe dabei zwar immer genickt, aber wohl nichts verstanden – das habe sie an der überraschten Reaktion ihrer Kollegin bemerkt, als ein Dritter kurz darauf eben diese Geschichte auf Bairisch erzählt habe.

Wie lautet die Verkleinerung von Fuß (Fusserl), wie funktioniert der bayerische Imperativ „geht’s“? Grammatikalische Fragen gehören zum Konversationskurs ebenso wie ein Ausflug in die 100 Jahre alte Geschichte des Freistaats und die Erkenntnis, dass es zwischen Bayerwald und Berchtesgaden wohl mehr als einen bayerischen Dialekt gibt.

Auch am Arbeitsplatz kann die Kenntnis des Bayerischen von Vorteil sein, zum Beispiel in einem Altenheim – das ist die Erfahrung aus dem Umkreis der Gruppe. So habe ein Altenheim-Bewohner darum gebeten doch jemand als Helfer zu schicken „der normal spricht“ - sprich Bairisch. Ein anderer erzählt, man werde am Arbeitsplatz mitunter für „dumm gehalten, weil ich die Sprache nicht verstehe“.

Die sechs Bairisch-Schüler des ersten Kurses dieser Art der Altöttinger AWO wollen „koan Hund mehr neihaun“ und die bayerischen Muttersprachler wirklich verstehen. Der AWO-Kurs ist der erste Schritt dahin, das Verständnis der Bayern der notwendige zweite.

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Der Autor stammt aus Nordrhein-Westfalen, ist selbst „Zuagroaster“ und hat auch nach 45 Jahren in Oberbayern gelegentliche Verständnisschwierigkeiten, vor allem in Sprachregionen wie dem Bayerwald.

(Erschienen am 28. November 2018 im Regionalmagazin inntern.de)

 

Weiterführende Links (bitte in die Browserzeile kopieren) :

http://www.bairische-sprache.at

https://de.wikipedia.org/wiki/Bairische_Sprache

https://deutsch-bairisch.de

 

 

 

 

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